Abschlussprüfung

Die Abschlussprüfung (früher: Lehrabschlussprüfung, LAP) ist Teil des Qualifikationsverfahrens, das in der Berufsbildungsverordnung (BBV) und in der Bildungsverordnung des jeweiligen Berufs reglementiert ist. Sie findet gegen Ende der beruflichen Grundbildung statt. Mit der Abschlussprüfung wird festgestellt, ob die lernende Person über die Kompetenzen verfügt, die im Bildungsplan definiert sind. Die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber meldet die lernende Person zur Prüfung an und muss – sofern erforderlich – Arbeitsraum, Werkzeuge sowie das notwendige Material zur Herstellung der Prüfungsarbeit unentgeltlich zur Verfügung stellen.

Dort, wo die Bildungsverordnung eine Teilprüfung vorsieht, können in sich abgeschlossene Ausbildungsgebiete bereits vor Ende der beruflichen Grundbildung geprüft werden. Die dabei erzielten Noten zählen zur Abschlussprüfung. Ungenügende Teilprüfungen können höchstens zweimal wiederholt werden.

Zur Prüfung werden auch erwachsene Personen zugelassen, die über entsprechende Erfahrungen auf Grund ihrer Tätigkeiten verfügen, den Beruf formell aber nicht erlernt haben. Sie müssen über mindestens fünf Jahre allgemeine Berufserfahrung und je nach Bildungsverordnung über berufliche Praxis im entsprechenden Beruf verfügen. Zur Prüfung werden auch Lernende anerkannter privater Bildungsinstitutionen zugelassen. Lernende können von Teilen der Abschlussprüfung befreit werden, wenn sie diese im Rahmen einer anderen beruflichen Grundbildung oder schulischen Bildung bereits erfolgreich abgeschlossen haben.

Die Abschlussprüfung ist bestanden, wenn die Bestehensnorm gemäss Bildungsverordnung erfüllt ist.

Die lernende Person hat in allen Kantonen bei Nichtbestehen das Recht, Einsichtnahme in die Prüfungsunterlagen zu verlangen (in einigen Kantonen auch bei Bestehen). Das Berufsbildungsamt kann eine Besprechung mit der Berufsbildnerin / dem Berufsbildner und/oder der gesetzlichen Vertretung der lernenden Person sowie einer verantwortlichen Person aus dem Team der Prüfungsexperten und -expertinnen durch-führen. Dabei werden die Gründe besprochen, die zum Nichtbestehen führten, und es wird versucht, Voraussetzungen für eine erfolgreiche Wiederholung der Prüfung zu schaffen.

Die nicht bestandenen Qualifikationsbereiche können höchs-tens zweimal wiederholt werden. Wiederholt die lernende Person die Abschlussprüfung, wenn sie nicht mehr in einem Lehrverhältnis steht, wird vom Lehrbetrieb resp. vom Arbeitgeber für die Prüfungszeit kein Lohn mehr geschuldet.

Wenn die lernende Person aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Abschlussprüfung teilnehmen kann, muss sie dies gegenüber der Prüfungsbehörde mit einem Arztzeugnis belegen. Ist die lernende Person aus anderen unvorhersehbaren Gründen an einer Teilnahme verhindert (z. B. Todesfall in der Familie), muss die Prüfungsbehörde so schnell wie möglich informiert werden. In der Regel wird sie sich daraufhin bemühen, im gleichen Jahr einen Ersatztermin für die Abschlussprüfung zu finden.

Qualifikationsbereiche
Grundsätzlich werden drei Qualifikationsbereiche in der Bildungsverordnung festgelegt: praktische Arbeit, Berufskenntnisse und Allgemeinbildung. Je nach Beruf ist ein vierter Qualifikationsbereich möglich: Fachzeichnen.

Praktische Arbeit
Für die praktische Arbeit existieren zwei Formen: die individuelle praktische Arbeit (IPA) und die vorgegebene praktische Arbeit (VPA).

  • Individuelle praktische Arbeit (IPA) Die Prüfung findet im Lehrbetrieb anhand eines betrieblichen Auftrags statt. Die vorgesetzte Fachkraft legt mit der lernenden Person die Aufgabenstellung fest und reicht diese den Prüfungsexperten und -expertinnen zur Genehmigung ein. Die lernende Person bearbeitet die IPA am betrieb-lichen Arbeitsplatz während mehrerer Arbeitsstunden und führt eine Dokumentation.
  • Die fachliche Beurteilung erfolgt durch die vorgesetzte Fachkraft. Die lernende Person präsentiert das Resultat der IPA im Rahmen eines Fachgesprächs den Prüfungsexperten und -expertinnen. Diese sind für die Qualitätssicherung der fachlichen Beurteilung verantwortlich.
  • Vorgegebene praktische Arbeit (VPA) Die vorgegebene praktische Arbeit ist die Alternative zur individuellen praktischen Arbeit. Sie wird während der ganzen Prüfungszeit von zwei Experten beaufsichtigt. Es gelten für alle Lernenden die Prüfungspositionen und die Prüfungsdauer, die in der Bildungsverordnung festgelegt sind.

Berufskenntnisse
Die Berufskenntnisprüfung bildet den theoretischen/schulischen Teil der Abschlussprüfung. Die lernende Person wird schriftlich oder schriftlich und mündlich geprüft.

Allgemeinbildung
Dieser Qualifikationsbereich setzt sich aus folgenden Teilbereichen zusammen: Erfahrungsnote Allgemeinbildung, Vertiefungsarbeit und Schlussprüfung. Bei der zweijährigen beruflichen Grundbildung entfällt die Schlussprüfung.

  • Vertiefungsarbeit (VA) Mit der VA (früher selbstständige Vertiefungsarbeit SVA), die auch in Gruppen realisiert werden kann, vertiefen die Lernenden ihre Kenntnisse in einem von ihnen gewählten Thema in der Regel während 8 bis 12 Schultagen (je 3 Lektionen). Es geht darum, ein Thema in einem Arbeitsprozess zu bestimmen, einzugrenzen, zu behandeln, die Arbeit zu planen, zu realisieren und zu korrigieren. Dabei werden verschiedene Kompetenzen gefördert und beurteilt: z. B. Arbeitsorganisation, Arbeitstechnik, Recherchieren, Doku-mentieren, Argumentieren oder Reflektieren. Meistens halten die Lernenden die Resultate in einer schriftlichen Arbeit fest. Im Rahmen eines Gesprächs präsentieren sie ihre Erkenntnisse zwei Experten oder Expertinnen.

Qualifikationsverfahren in der kaufmännischen Grundbildung
Die Abschlussprüfung beinhaltet einen betrieblichen und einen schulischen Teil. Im betrieblichen Teil gibt es schriftliche und mündliche Prüfungen. Arbeits- und Lernsituationen (ALS), Prozesseinheiten (PE) und Kompetenznachweise der überbetrieblichen Kurse (üK-KN) gehören zu den Erfahrungsnoten, sie bestimmen zusammen 50 Prozent der betrieblichen Schlussnote. Die Module Vertiefen und Vernetzen (V&V) gehören zur schulischen Bildung.

  • Arbeits- und Lernsituation (ALS) Die Berufsbildner/innen beurteilen auf Grund von vorgegebenen Kriterien die Leistung und das Verhalten der lernenden Person am Arbeitsplatz. Die ALS ist vergleichbar mit dem Bildungsbericht.
  • Prozesseinheit (PE) Mit den Prozesseinheiten können prozessorientiertes und bereichsübergreifendes Denken und Handeln im Zusammenhang mit betrieblichen Arbeitsabläufen überprüft werden. PE können durch zwei üK-Kompetenznachweise ersetzt werden.
  • Vertiefen und Vernetzen (V&V) Die Module Vertiefen und Vernetzen werden im 2. und/oder 3. Lehrjahr mit Schwerpunkt IKA (Information/Kommunikation/Administration) und W&G (Wirtschaft und Gesellschaft) durchgeführt.


Bestehensnorm
Die Bestehensnorm definiert, welche Kriterien (Noten) erfüllt sein müssen, damit eine lernende Person das Qualifikationsverfahren mit Abschlussprüfung bestanden hat. Bestehen, Notenberechnung und Notengewichtung sind in der jeweiligen Bildungsverordnung geregelt. Zur Bestehensnorm gehört, dass bei der Gesamtnote die Note 4 erreicht werden muss, meist zählt der Qualifikationsbereich «Praktische Arbeit» als Fallnote (mindestens Note 4).

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